Quelle: www.Spiegel.de
ABERWITZIGE WARNUNGEN AUF US-PRODUKTEN
"Schneefräse nicht auf dem Hausdach benutzen"
In den USA hat eine Interessengruppe einen Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem besonders absurde Warnhinweise auf Produkt-Etiketten gesucht werden. Den ersten Platz 2004 gewann ein Schild auf einer Toilettenbürste: "Nicht zur Körperhygiene verwenden". SPIEGEL ONLINE zeigt aktuelle und vergangene Preisträger.
Shawn P. aus dem kleinen Örtchen Laurel in Indiana wurde vom Blitz getroffen, überlebte das Unglück und haderte fortan mit seinem Schicksal. Ihm war nicht einfach ein Unglück widerfahren - ihm war übel mitgespielt worden. Fand er.
Also ging P. zum Anwalt, der zog vor Gericht - und verklagte den Paramount's King Island Park, in dem sein Klient niedergestreckt worden war, auf Schadenersatz. Begründung: Der Freizeitpark hätte alle Besucher unmissverständlich warnen sollen, sich bei Gewitter nicht im Freien zu tummeln.
"Wir leben in der klagewütigsten Gesellschaft der Welt", empört sich Dorigo Jones über fragwürdige Prozesse wie diesen. Er ist Geschäftsführer der Interessengruppe M-Law (Michigan Lawsuit Abuse Watch), die sich müht, die Amerikaner auf Absurditäten ihres Rechtssystems aufmerksam zu machen - und die Flut aberwitziger Produktklagen einzudämmen.
"Ende des gesunden Menschenverstandes"
Seit 1997 veranstaltet M-Law jedes Jahr den "Wacky Warning Labels"-Wettbewerb. Teilnehmer überall aus den USA sind aufgerufen, Etiketten einzusenden, die besonders abstruse Warnhinweise enthalten. In den vergangenen Jahren etwa wurde der Aufkleber auf einer Druckertoner-Kassette eingeschickt - Käufer wurden darauf belehrt: "Den Toner nicht essen". Fast schon legendär ist die Nachricht auf einer Angelhaken-Verpackung: "Verschlucken ist schädlich".
"Diese Warnetiketten sind ein Zeichen unserer von Rechtsstreitigkeiten belasteten Zeit", kommentiert M-Law-Mann Jones. In den Rechtsabteilungen der Hersteller ersonnen, sollen die Hinweise helfen, jede noch so an den Haaren herbeigezogene Entschädigungsklage abzuwehren. Die Hörer einer Detroiter Radiostation haben in der vergangenen Woche über die aktuellen Warnetiketten abgestimmt - und so ihre fünf Irrwitz-Favoriten für 2004 gewählt.
Auf dem zweiten Platz - nach dem Toilettenbürsten-Label - landete das Etikett "Produkt bewegt sich bei Benutzung", gefunden auf einem Roller für Kinder. Den dritten Preis bekam der Warnhinweis "Wenn einmal rektal verwendet, nicht mehr oral einführen" - er stand auf einem digitalen Fieberthermometer. Die Einsender der drei Top-Warnungen werden von M-Law mit Preisgeldern zwischen 100 und 500 Dollar belohnt. Für den Hauptgewinner gibt es dazu noch ein Buchpräsent: den Beststeller "Das Ende des gesunden Menschenverstandes: Wie die Gesetzgebung Amerika erstickt".
Machtwort von ganz oben
Im Vorstand von M-Law sitzen vor allem Chefs kleiner Firmen: einer Bäckerei, eines Steakhouses, einer lokalen Bank. Sie alle fürchten, selbst einmal Ziel einer Konsumentenklage zu werden. Meist werden die exorbitanten Millionensummen, die manche Geschworenen-Jury als Schadenersatz zuspricht und die es dann in die Nachrichten schaffen, zwar hinterher von Richtern auf Normalmaß gestutzt - doch allein die Anwaltskosten können Mittelständler an den Rand des Konkurses drängen.
Einen mächtigen Alliierten haben die Aktivisten aus Michigan schon gefunden: Präsident George W. Bush. Seit seinen Gouverneurstagen in Texas engagiert er sich für eine Reform des Schadenersatzrechts. Erst jüngst kündigte er an, insbesondere Ärzte und kleine Firmen besser gegen "ungezügelte Klagen" schützen zu wollen. Der Präsident will das Thema in den nächsten Wochen in seiner Rede zur Lage der Nation ansprechen - und dann zügig ein Gesetz ausarbeiten lassen.
Matthias Streitz
Die Fotostrecke zu diesem Artikel, sehr sehenswert: https://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9NTQyOSZucj0y,00.html
ABERWITZIGE WARNUNGEN AUF US-PRODUKTEN
"Schneefräse nicht auf dem Hausdach benutzen"
In den USA hat eine Interessengruppe einen Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem besonders absurde Warnhinweise auf Produkt-Etiketten gesucht werden. Den ersten Platz 2004 gewann ein Schild auf einer Toilettenbürste: "Nicht zur Körperhygiene verwenden". SPIEGEL ONLINE zeigt aktuelle und vergangene Preisträger.
Shawn P. aus dem kleinen Örtchen Laurel in Indiana wurde vom Blitz getroffen, überlebte das Unglück und haderte fortan mit seinem Schicksal. Ihm war nicht einfach ein Unglück widerfahren - ihm war übel mitgespielt worden. Fand er.
Also ging P. zum Anwalt, der zog vor Gericht - und verklagte den Paramount's King Island Park, in dem sein Klient niedergestreckt worden war, auf Schadenersatz. Begründung: Der Freizeitpark hätte alle Besucher unmissverständlich warnen sollen, sich bei Gewitter nicht im Freien zu tummeln.
"Wir leben in der klagewütigsten Gesellschaft der Welt", empört sich Dorigo Jones über fragwürdige Prozesse wie diesen. Er ist Geschäftsführer der Interessengruppe M-Law (Michigan Lawsuit Abuse Watch), die sich müht, die Amerikaner auf Absurditäten ihres Rechtssystems aufmerksam zu machen - und die Flut aberwitziger Produktklagen einzudämmen.
"Ende des gesunden Menschenverstandes"
Seit 1997 veranstaltet M-Law jedes Jahr den "Wacky Warning Labels"-Wettbewerb. Teilnehmer überall aus den USA sind aufgerufen, Etiketten einzusenden, die besonders abstruse Warnhinweise enthalten. In den vergangenen Jahren etwa wurde der Aufkleber auf einer Druckertoner-Kassette eingeschickt - Käufer wurden darauf belehrt: "Den Toner nicht essen". Fast schon legendär ist die Nachricht auf einer Angelhaken-Verpackung: "Verschlucken ist schädlich".
"Diese Warnetiketten sind ein Zeichen unserer von Rechtsstreitigkeiten belasteten Zeit", kommentiert M-Law-Mann Jones. In den Rechtsabteilungen der Hersteller ersonnen, sollen die Hinweise helfen, jede noch so an den Haaren herbeigezogene Entschädigungsklage abzuwehren. Die Hörer einer Detroiter Radiostation haben in der vergangenen Woche über die aktuellen Warnetiketten abgestimmt - und so ihre fünf Irrwitz-Favoriten für 2004 gewählt.
Auf dem zweiten Platz - nach dem Toilettenbürsten-Label - landete das Etikett "Produkt bewegt sich bei Benutzung", gefunden auf einem Roller für Kinder. Den dritten Preis bekam der Warnhinweis "Wenn einmal rektal verwendet, nicht mehr oral einführen" - er stand auf einem digitalen Fieberthermometer. Die Einsender der drei Top-Warnungen werden von M-Law mit Preisgeldern zwischen 100 und 500 Dollar belohnt. Für den Hauptgewinner gibt es dazu noch ein Buchpräsent: den Beststeller "Das Ende des gesunden Menschenverstandes: Wie die Gesetzgebung Amerika erstickt".
Machtwort von ganz oben
Im Vorstand von M-Law sitzen vor allem Chefs kleiner Firmen: einer Bäckerei, eines Steakhouses, einer lokalen Bank. Sie alle fürchten, selbst einmal Ziel einer Konsumentenklage zu werden. Meist werden die exorbitanten Millionensummen, die manche Geschworenen-Jury als Schadenersatz zuspricht und die es dann in die Nachrichten schaffen, zwar hinterher von Richtern auf Normalmaß gestutzt - doch allein die Anwaltskosten können Mittelständler an den Rand des Konkurses drängen.
Einen mächtigen Alliierten haben die Aktivisten aus Michigan schon gefunden: Präsident George W. Bush. Seit seinen Gouverneurstagen in Texas engagiert er sich für eine Reform des Schadenersatzrechts. Erst jüngst kündigte er an, insbesondere Ärzte und kleine Firmen besser gegen "ungezügelte Klagen" schützen zu wollen. Der Präsident will das Thema in den nächsten Wochen in seiner Rede zur Lage der Nation ansprechen - und dann zügig ein Gesetz ausarbeiten lassen.
Matthias Streitz
Die Fotostrecke zu diesem Artikel, sehr sehenswert: https://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,PB64-SUQ9NTQyOSZucj0y,00.html