Crossover - Prolog

Chateya

geschecktes Zwergschaf
Die letzte Schlacht - 2375 - USS Sovereign

Dichte Rauchschwaden hingen überall in der Luft, hier und dort züngelten Flammen aus aufgeplatzten Konsolen und es roch verbrannt. Doch zumindest hatte der Beschuss vor 15 Minuten aufgehört – aber schlimmer konnte es auch nicht mehr werden!

Auf der Brücke lagen die Führungsoffiziere teilweise übereinander. Als Haley aufstand, regte sich langsam auch der zweite Offizier. Sie griff nach dem Tricorder, der sich unter ihrer Konsole befinden sollte, doch an der Stelle gab es nur ein tiefes Loch. Als sie daraufhin auf ihren ausgestreckten Arm blickte, sah sie überall dunkelrote Blasen – der schwarze Stoff der Uniform war förmlich mit der Haut verschmolzen – doch sie hatte keine Schmerzen und stufte die Verbrennungsverletzung deshalb als nicht lebensgefährlich ein. Sie suchte nach einem weiteren Tricorder. Guiness reichte ihr einen und drückte ihr gleichzeitig ein Hypospray an die Schulter. Er hatte das Medokit gefunden und war damit besser ausgerüstet. Gemeinsam nahmen sie die halb zerstörte Brücke in Angriff, die so aussah, als hätte sie ein Rendezvous mit einem Photonentorpedo gehabt.

Im Maschinenraum sah es ähnlich aus, mit einer Ausnahme: die verwüstete Fläche war wegen des geschlossenen Sicherheitsschotts nur auf den Bereich um den Warpkern begrenzt. Doch hinter der „Glastür“ konnte man nichts mehr erkennen. Man sah weder das rote oder das blaue Pulsieren des Warpkerns, noch das neongrüne Leuchten des Plasmakühlmittels. Alles war durch dichten, weißen Nebel verhüllt, für den es außer Flammen mehrere andere Ursachen gab.

„Commander McDonough hat schwere innere Verletzungen. Wir sollten ihn so liegen lassen, bis wir Kontakt zur Krankenstation haben!“ Haley war mit ihren Kräften am Ende und ließ sich neben den ersten Offizier sinken. Guiness untersuchte gerade den Captain, als er besorgt zu der Wissenschaftlerin blickte. Ihr war warm, aber sie konnte jedoch die Jacke nicht ausziehen, und dunkelrotes Blut sickerte aus der großflächigen Brandwunde. „Wie geht es ihr?“ fragte die zierliche Frau und wirkte recht blass. „Sie hat eine Platzwunde am Kopf, aber ansonsten geht es ihr gut!“ Haley bezeichnete auch diese Verletzung als nicht sonderlich tragisch und meinte zu ihm, er solle sich um den Rest kümmern. Daraufhin kroch sie zu Dimata, um die stark blutende Wunde zu versorgen, doch der Captain kam gerade zu Bewusstsein und machte Anstalten, aufzustehen. Wahrscheinlich ist sie mit einer gewaltigen Wucht auf die Kante des Podests geschleudert worden und hat nun noch möglicherweise eine Gehirnerschütterung, denn Dimata kam nicht dazu, sich hinzustellen. Sie rollte nur von einer Seite auf die andere, womit sie einen teilweisen Verlust ihrer motorischen Kontrolle bewies und Haleys Theorie bestätigte. Sie blieb neben ihrem Wissenschaftsoffizier sitzen, blinzelte und versuchte, aus den Schemen Details zu erkennen. Erst jetzt merkte sie, daß ihr warmes Blut über das Gesicht rann und auf den grauen Schulterbesatz der Uniform tropfte. Sheila drückte ihr ein Tuch an den Kopf und wandte sich anschließend Ria Simmoril zu, die direkt neben dem Captain lag und sich ebenfalls langsam rührte.

Nach und nach kamen alle wieder auf die Beine. Simmoril und Avalon, denen es offensichtlich relativ gut ging, versuchten, die interne Kommunikation wieder zu aktivieren, um ein medizinisches Team anzufordern, doch für einige kam jede Hilfe zu spät. Guiness hatte inzwischen alle untersucht und war zu Haley und Dimata zurückgekehrt, um Bericht zu erstatten.
„Captain, es tut mir leid, aber Fähnrich Mitchell und ... Lt. Vj’hari sind tot!“
Dimatas Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, sie blickte weiterhin in Guiness’ Augen und er hatte fast das Gefühl, sie hätte ihn nicht gehört oder verstanden, doch der Captain war trotz eingeschränkter Bewegungsfreiheit im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte. Im Moment ging es allerdings darum, angesichts der kritischen Situation einen klaren Kopf zu bewahren und alle eventuell bestehenden Gefahren zu minimieren, um nicht noch mehr Opfer zu riskieren. Doch tief in ihrem Inneren kamen unterschiedliche Gefühle zu Tage und sie malte sich in Gedanken aus, wie fürchterlich ihre Situation wirklich sein könnte. Zorn, Hilflosigkeit und Ärger keimten in ihr, wenn sie daran dachte, daß Vj’hari nicht mehr unter ihnen weilte, deshalb versuchte sie, diese Gedanken zu verdrängen und sich zu konzentrieren, was jedoch aufgrund der stechenden Kopfschmerzen schwierig wurde. Hinzu kam, daß sie sich nicht auf die Hilfe ihres ersten Offiziers stützen konnte, und so begriff sie, daß sie an dem Punkt ihres Lebens angekommen war, an dem sie sich das erste Mal wünschte, sie hätte ihre Beförderung zum Captain abgelehnt!

„Brücke an Krankenstation!“
Erwartungsvoll stand Ria an der Konsole, doch eine Weile drang nur statisches Rauschen aus den Lautsprechern. Die Counselor wollte schon aufgeben, aber dann meldete sich doch jemand zu Wort:
„Hier unten ist totales Chaos, es funktioniert nichts und es melden sich immer mehr Leute, die Hilfe brauchen!“ „Könnten sie jemanden raufschicken, wir haben auch mehrere, zum Teil Schwerverletzte.“
„Sobald die Turbolifte wieder funktionieren, gerne!“

In der Krankenstation herrschte Katastrophenalarm, alle Betten waren belegt und die nicht kritischen Fälle wurden bereits in die umliegenden Räume verlagert. Die Ärzte waren ausgelastet bis weit über ihre Grenzen hinaus und selbst Sicherheitsleute und Wissenschaftler mussten als medizinische Hilfskräfte fungieren.

Im Maschinenraum war ähnliche Hektik. Einige Techniker bemühten sich, die wichtigsten Systeme wieder in Gang zu bekommen. Dann meldete sich auch hier Avalon:
„Wie sieht es aus bei Ihnen?“
„An und für sich eigentlich nicht schlecht. Zumindest hat uns das Dominion nicht kleingekriegt, aber das könnte uns der Verlust der Antimaterieeindämmung noch bescheren.“
In der derzeitigen Situation war dieser extreme Sarkasmus durchaus angebracht und Avalon erkannte, daß es sich dabei um eine nervtötende, aber für Menschen ohne weiteres normale Reaktion zur Stressbewältigung handelte. Dennoch kam diese Bemerkung ungelegen, weshalb er sie einfach ignorierte.
„Können wir ihnen irgendwie behilflich sein?“
„Mit einem Medoteam wären wir schon zufrieden. Es gibt hier an die 30 Verletzte!“
Was sich jedoch hinter der Sicherheitsbarriere befand, konnte man noch immer nicht ausmachen!
Commander Leeto stützte sich an die transparente Aluminiumscheibe und versuchte etwas zu erkennen, doch der Nebel war noch immer zu dicht.
„Versuchen Sie die Ansaugpumpen einzuschalten, falls dort drin noch jemand ist... .“
Der Chefingenieur beendete den Satz nicht, denn irgendjemand hatte bereits reagiert. Der Nebel begann sich zu bewegen und veränderte auch langsam seine Farbe, von weiß nach hellgrün und schließlich ... neongrün!
„Oh Gott!“ Mike Leeto wurde schlagartig schlecht, als ihm saubere Luft einen Einblick in den versiegelten Bereich gewährte und mit dem Anblick von zu vielen in der Gegend verstreuten Uniformen die Erkenntnis in ihm reifte, was da drin passiert sein mochte. Und als er den Blick in Richtung Warpkern hob, wurde ihm die schreckliche Realität bestätigt.

Innerhalb weniger Stunden war das Chaos halbwegs unter Kontrolle, zumindest war das Schiff weitgehend zugänglich – insofern das diverse Hüllenbrüche zuließen – doch das bescherte den Hilfskräften nur noch mehr Grauen.

In den Gängen vor der Krankenstation stapelten sich die Verletzten. Ramirez war vollkommen überfordert und hatte schon vor geraumer Zeit die allgemeine Übersicht verloren. Sie war müde, ihr Rücken schmerzte und sie wartete auf die erste Verlustliste, die einen Teil des Ausmaßes der vergangenen Schlacht gegen das Dominion zeigen würde. Aber eigentlich wollte sie diese Liste überhaupt nicht sehen. Denn sie ahnte schon, daß die Zahl recht hoch liegen mußte anhand der Gesamtschäden am Schiff und den dementsprechend relativ wenigen Verletzten.
Sie stand allein in dem Raum und blickte von einem Bewusstlosen zum nächsten. Mehrere Ärzteteams waren noch mit Operationen beschäftigt und man hatte die Chefärztin vor Kurzem, nach einigen Stunden verzweifelten Kampfes ersetzt, damit sie sich jetzt um das Schlimmste kümmern konnte – sich seelisch und moralisch darauf vorzubereiten, Captain Dimata über den Stand der Dinge zu informieren!
Im selben Moment trat ein Assistent von hinten an Ramirez heran und sie zuckte so heftig zusammen, daß er kurzzeitig befürchtete, sie würde zusammenbrechen. Doch sie nahm tapfer das PADD entgegen – erst dann musste sie sich setzen, denn die Zahl der Toten überstieg bei weitem ihre Vorstellung.
„Der Captain braucht glaub’ ich ihre Hilfe, Milena. Sie hat eventuell eine Gehirnerschütterung.“
Erst jetzt merkte die Ärztin, daß Sheila Haley die Krankenstation betreten hatte.
„Sie brauchen aber auch meine Hilfe“, meinte Ramirez und deutete auf ihren Arm. Sie war froh darüber, daß sie etwas zu tun bekam und somit abgelenkt wurde. Sie wies Haley an, ihr in ihr Büro zu folgen, wo sie sich setzen konnte.
„Sie haben Verbrennungen dritten Grades“, erklärte Milena geistesabwesend, als sie den mobilen Sensor über die breiige Gewebsmasse hielt. Haley zeigte sich unbeeindruckt von dieser Aussage, vielmehr wunderte sie sich über die scheinbare Anteilnahmslosigkeit der Ärztin, doch es handelte sich vielmehr um Trauer, die tiefe Wurzeln hatte. Sheila kannte den Grund nicht, wollte aber trotz Vermutungen nicht bohren. Sie wußte, worum es ging, würde sie später den gleichen Ausdruck in Dimatas Gesicht sehen.
„Wie geht es Commander McDonough?“ erkundigte sie sich bei Milena, um etwas Ablenkung zu schaffen, doch plötzlich explodierte stechender Schmerz in Haleys Arm. Dunkelheit umfasste ihren Geist und die Antwort der Ärztin zog sich in die Länge, als wäre sie in einem schwarzen Loch gefangen.

„Wir haben zwar eine Systemdiagnose zum Laufen bekommen, aber alle Computerkerne sind komplett abgestürzt. Bevor das jedoch passiert ist, wurde der Warpreaktor automatisch heruntergefahren, da die Antimaterie- Eindämmung schwer beschädigt ist. Das hat uns vor einer Katastrophe bewahrt!“
Der Chefingenieur hatte zwei technische Assistenten zur Verfügung stellen können, die zusammen mit Guiness und Avalon Captain Dimata die momentane Lage deutlich machten. Ria saß rechts von Dimata in der Observation Lounge und hörte den Ausführungen der Herren, die am vorderen Ende des Tisches standen, ruhig zu.
„Unser derzeitiges Problem besteht allerdings darin“, meinte der andere junge Fähnrich und konnte seine mittlerweile zynische Art wieder nicht ganz unterdrücken und erntete dadurch einen schrägen Blick von Avalon, „daß das Schiff schwere interne und externe Strukturschäden erlitten hat und das die Hüllenbrüche nicht mit Kraftfeldern versiegelt werden können. Das heißt, an diesen Stellen tritt Vakuum ein und es besteht die Gefahr, daß die Sovereign platzt wie eine überreife Melone!“
Für einige Sekunden herrschte eisige Stille im Raum, als Dimata den Kopf hob und den Fähnrich ausgiebig musterte, der das Gefühl bekam, in einen tiefen Abgrund zu sehen, nicht aber in die Augen seines kommandierenden Offiziers.
„Dann kümmern Sie sich darum, daß Sie diese Brüche anderweitig abdichten“, erwiderte Dimata und sagte damit das erste Mal etwas seit langer Zeit.
„Ja, Sir!“ bestätigte der junge Mann und verließ fluchtartig die Obs.
’Sie scheint sich wieder halbwegs gefangen zu haben’, stellte Simmoril fest, die keineswegs nur hier saß, weil sie nichts zu tun hatte. Doch dem war nicht so – Dimata konnte es nur gut verbergen, wie schwer derzeit die Verantwortung auf ihr lastete.
„Welche Schäden gibt es sonst noch?“
„Waffen, Schilde, Antrieb, Umweltkontrollen, Sensoren und Navigationssysteme, sowie die externe Kommunikation und die Trägheitsdämpfer sind größtenteils schwer beschädigt und daher nicht einsatzbereit“, verkündete Avalon und hob erst jetzt den Blick von seinem PADD.
Deshalb hab’ ich so wahnsinnige Kopfschmerzen! „Ist das Absetzen eines Notrufes möglich?“
„Wahrscheinlich. Und die zweite gute Nachricht ist, die Lebenserhaltung funktioniert auch noch!“
„Na, wenigstens etwas.“
„Es gibt da aber noch ein Problem: Die Kühlmitteltanks im Maschinenraum sind ausgelaufen und möglicherweise haben wir ein Plasmaleck auf Deck 16, Sektion 5!“
„Wann haben Sie Gewissheit darüber?“
„Sobald die internen Sensoren wieder funktionieren!“
„Dann machen Sie sich an die Arbeit! Mr. Guiness, Sie versuchen, einen Notruf abzusetzen. Sonst noch etwas?“
„Im Maschinenraum herrscht arger Personalmangel!“
„Nun, ich fürchte, das ist überall an Bord der Fall, aber gehen Sie am Besten zur Krankenstation. Dort finden Sie mittlerweile bestimmt ein paar Leute, die nichts zu tun haben!“

Einige Minuten später saß Ria immer noch auf dem Stuhl und überlegte, wie sie Dimata am Besten helfen könnte. Sie bedachte die Uniformjacke, die über dem Stuhl am Tischende hing und war erstaunt darüber, daß die Kommandantin trotz der Bewegungsbeeinträchtigung an dem großen Aussichtsfenster stand und in den Weltraum blickte.
Weit entfernt sah sie Sterne funkeln, deren Ruhe im scharfen Gegensatz zu den treibenden Trümmern im Vordergrund stand.
Die Sovereign war weitab vom gegenwärtigen Frontverlauf überraschend von einem Geschwader Jem’Hadar Schiffe angegriffen worden. Es war eine kurze aber sehr intensive Schlacht und trotz der Überzahl des Dominion war es der Sternenflotte wieder einmal gelungen, mit der Niederlage ihren Gegner in den Abgrund zu reißen.
Von den fünf Schiffen, die den kleinen Flottenverband dargestellt hatten, blieb nur Dimatas Schiff übrig, doch als Schiff konnte man es bei weitem nicht mehr bezeichnen. Es war nur noch eine spröde Hülle mit funktionsuntüchtigem Inneren, ein noch komprimierter, driftender Schrotthaufen im All, kommandiert von einer Frau, die in Erwartung der Verlustliste in einem Loch aus Selbstzweifeln zu versinken drohte!
Dimata hatte nicht gemerkt, wie Ramirez den Raum betreten hatte, und nun stand die Ärztin plötzlich neben ihr an dem Fenster. Aus Erschöpfung ließ sie den Kopf nach hinten fallen und den Atem entweichen, bevor sie das PADD aus der Hand gab. Eine Weile stand sie so da und starrte stumm an die Decke, ehe sie mit einer Bemerkung, den Gesundheitszustand des Captains und des Ersten Offiziers betreffend, die Obs wieder verließ.
Nach einiger Zeit blickte sie noch immer ins All, das dünne Modul zitternd in den Händen haltend. Ria erkannte, daß sie noch Stunden dort stehen würde, wenn ihr nicht jemand die Kraft gäbe, das Schicksal zu akzeptieren und der Geschichte ihren Lauf zu lassen – und diese Aufgabe fiel der Counselor zu. Sie ergriff die Initiative, indem sie sich, wie zuvor Ramirez, neben Dimata stellte und sie mit einem direkten Blick geradezu aufforderte, sich der Realität zu stellen. Doch als sie selbst auf das Display sah, begriff sie erst, wie grausam dieser Moment für Dimata sein musste. Und obwohl sich die Counselor bewusst war, daß sie sich nicht wirklich vorstellen konnte, wie sich der Captain fühlte, sah sie wie ein Teil von ihr, mit dem Realisieren der Verlorenen, starb, denn die dreistellige Zahl hatte sich so tief in den Geist Satory Dimatas eingebrannt, daß eine sichtbare physische Reaktion erfolgte. Sie atmete schwerer und Tränen quollen ihr aus den Augen. Sie verlor die emotionale Kontrolle und die Counselor hatte zum ersten Mal einen kompletten Einblick in die Gefühlswelt des Captains, die im Moment jedoch ein totales Durcheinander bildete.
Mein Gott, ich habe sie noch nie so fertig gesehen dachte Ria und wollte ihr gerade helfen, sich zu setzen, doch sie ließ davon ab. Obwohl der Captain mit Übelkeit und drohender Bewusstlosigkeit zu kämpfen hatte, versuchte sie, ihren Gefühlen verbal Ausdruck zu verleihen:
„Der Tod ist so furchtbar unerbittlich und entgültig und ich habe ihm meine Crew preisgegeben!“
„Sie haben niemanden im Stich gelassen. Wäre dem so, würden Sie jetzt aufgeben!“
Sie glauben nicht, wie nah dran ich bin!
 
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