Fundamentalismus in der Science Fiction

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Fundamentalismus in der Science Fiction

Stefanie Esser von der Uni Bonn untersuchte politische Weltbilder in der US-Serie „Battlestar Galactica“


Science Fiction-Serien sind nicht Ausblühungen reiner Phantasie - sie stellen vielmehr ein beliebtes Medium dar, um gesellschaftliche Entwicklungen zu kommentieren und zu kritisieren. Stefanie Esser untersuchte in ihrer Masterarbeit am Nordamerikastudienprogramm der Universität Bonn, wie zum Beispiel in der beliebten US-Fernsehserie „Battlestar Galactica“ christlich-fundamentale Positionen in die amerikanische Popkultur Einzug gehalten haben.


In der Vergangenheit galt Science Fiction als ein Genre, das Gesellschaften einer fernen Zukunft mit all ihren wissenschaftlich-utopischen Errungenschaften zeigt. In der Forschung ist man sich heute jedoch einig, dass Science Fiction – obwohl auf den ersten Blick vollkommen dem Reich der Phantasie entsprungen – eine Beschäftigung mit unserer Gegenwart darstellt. „Das dahintersteckende Weltbild von Science-Fiction-Serien entspricht der politischen Realität und ist damit ein Stoff für die Wissenschaft“, sagt Stefanie Esser, Absolventin des Nordamerikastudienprogramms an der Universität Bonn. In ihrer Masterarbeit durchleuchtete sie unter anderem am Beispiel der US-Fernsehserie „Kampfstern Galactica“ aus den 1970er Jahren und ihrer Neuauflage „Battlestar Galactica“ von 2003, wie christlich-fundamentale Positionen in die amerikanische Populärkultur Einzug gehalten haben.

„Kampfstern Galactica“ verlegt den Kalten Krieg in den Weltraum

Die Serie handelt davon, dass nach einem Krieg mit der feindlichen Roboterrasse der Zylonen der klägliche Rest der vernichtend geschlagenen Menschheit mit seinem Raumschiff „Kampfstern Galactica“ durch das Universum irrt und dabei von den Robotern verfolgt wird. Die Originalserie von Glen A. Larson wurde 1978/79 ausgestrahlt, im Jahr 2003 von Ronald D. Moore neu aufgelegt und von 2004 bis 2009 in aktualisierter Version im amerikanischen Fernsehen gezeigt. Stefanie Esser verglich die beiden Produktionen miteinander und destillierte die dahinter steckenden politischen Weltbilder heraus. Larsons „Kampfstern Galactica“ verlegte den Kalten Krieg in den Weltraum und kritisierte Präsident Jimmy Carter sowie die Verhandlungen zur nuklearen Rüstungsbegrenzung am Ende der 1970er Jahre.

Theokratische Militärherrschaft als Idealvorstellung

„Die Zylonen fungieren als Metapher für die Sowjetunion, und die Zerstörung der Zwölf Kolonien der Menschen brachte die Befürchtung konservativer Politiker zum Ausdruck, dass Carters liberale Politik die USA an den Rand der Vernichtung bringen würde“, sagt Stefanie Esser. In Moores „Battlestar Galactica“ machen sich hingegen die Terroranschläge unter anderem auf das World Trade Center in New York vom 11. September 2001 bemerkbar. „Die Serie behandelte den darauf folgenden Krieg gegen den Terror, einschließlich moralischer Fragen wie die Behandlung von Gefangenen und die Besetzung des Irak“, berichtet die Kulturwissenschaftlerin. Auf religiöser Basis präsentiere die Originalserie „Kampfstern Galactica“ aus den 70er Jahren eine theokratische Militärherrschaft als Idealvorstellung und verbreite mit teils missionarischem Eifer mormonisches Gedankengut, während die Neuauflage „Battlestar Galactica“ die Gefahren fundamentalistisch-religiös motivierter Politik deutlich darstelle.

Science Fiction als Bühne für religiös-fundamentalistische Ideen

Nach Untersuchungen der Masterabsolventin der Universität Bonn bieten Science Fiction-Serien religiös-fundamentalistischen Ideen eine perfekte Bühne: „Sie sind ein ideales Medium, um indirekt Kritik zu üben, weil sie in ihrer Darstellung meist sehr weit von der gegenwärtigen Realität entfernt sind.“ Stefanie Esser möchte nun in ihrer Dissertation „Hol(l)ywood: The Christian Right in American Popular Culture“ das Thema vertiefen. Ihre Studien betreibt sie dabei auch vor Ort: Ein Jahr lang wird die Doktorandin an der University of Wisconsin-Madison in den USA forschen. Ein brandaktuelles Thema: „Viele sehen den Fundamentalismus vor allem im Zusammenhang mit dem Islam“, sagt Esser. „Doch in fast allen religiösen Strömungen gibt es auch fundamentalistische Ansätze.“

Wechselwirkungen zwischen Religion und Populärkultur

Stefanie Essers Forschung geht jedoch noch einige Schritte weiter. „In der US-amerikanischen Kultur, die stark geprägt ist von einer Praxis der ‚civil religion‘, sind religiöse Ideologien vielerorts präsent, oftmals besonders deutlich in der Populärkultur“, erläutert Prof. Dr. Sabine Sielke, Leiterin des Nordamerikastudienprogramms und Betreuerin der Arbeit. „Zu zeigen, dass TV-Serien wie `Battlestar Galactica´ dabei die Glaubenssätze der christlichen Rechten nicht einfach abbilden, sondern sie visuell und seriell in Szene setzen, dabei ein Stückweit neu formulieren und ihnen den Anschein kulturellen ‚Mainstreams‘ geben – diese Wechselwirkungen zwischen Religion und Populärkultur sind das Spannende an der wissenschaftlichen Arbeit von Stefanie Esser.“

Kontakt:

Stefanie Esser

stefanieesser@gmx.de

Quelle: https://www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/130-2013
 
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