G
*gelöscht*
Gast

*** Familiensitz von Khaiell tr'Drevoux / Sareth's Gemächer ***
Sareth saß auf der gepolsterten Bank am Fenster und blickte durch das kraftfeldgesicherte Fenster in den Garten hinab. Über eine Woche war seit ihrem Unfall vergangen.
Als sie aufstand, warf das Spiegelpaneel der gegenüberliegenden Wand das Bild einer sehr blassen, zerbrechlich wirkenden Frau zurück. Die Schürfwunden an Schulter und linkem Wangenknochen waren dank der modernen Medizin bereits nicht mehr zu sehen -- geblieben war der entsetzte und schmerzerfüllte Ausdruck ihrer Augen. Ihr Haar hatte Sareth nur nur lose im Nacken zusammengelegt gehabt; unterdessen hatte sich der Knoten gelöst und die Locken fielen wirr über das schmucklose Hauskleid, das sie trug. Ihr Aussehen war ihr momentan nicht wichtig, wie so vieles ihr momentan nicht wichtig war.....
Ihr neuer Verwalter kümmerte sich um alle Belange, die ihr Haus betrafen und ihr neuer Sekretär behielt die Entwicklung im Senat im Auge. Nicht, daß sich dort in den letzten Tagen etwas getan hätte! Im Gegenteil, obwohl verschiedene Stimmen, die heimlich überall in der Stadt zu hören gewesen waren, davon munkelten, man würde bei der nächsten Plenarsitzung Senator Kovar anklagen, zur Rechenschaft ziehen -- sogar von öffentlicher Hinrichtungen flüsterten manche -- geschah nichts dergleichen. Die Sitzung wurde sogar eine der ereignislosesten des gesamten Jahres.
Das Warum und Wieso dieser Entwicklung blieb für die Senatoren wie den gemeinen Mann unbekannt und ließ Raum für Spekulationen. Einzig Kovar und Khaiell kannten die Wahrheit. Und wie Raubtiere, die sich vorerst zurückgezogen hatten, lauerten sie und warteten auf die Gelegenheit, vorzuschnellen und ihren Widerpart zu zerreissen.
Sareth wandte sich ab von dem Bild im Spiegel und schritt durch das dezent eingerichtete Zimmer, das wie alles in diesem Haus den glänzenden Geschmack des Hausherrn verriet. Aber sie hätte ebensogut durch eine verwahrloste Arbeiterwohnung am Stadtrand gehen können, so gleichgültig war ihr alles. Um dem quälenden Schmerz zu entgehen hatte ihre Seele in einer gefährlichen Lethargie Zuflucht gesucht. Nur die Besuche Khaiells vermochten sie für eine Zeitlang dieser Düsternis zu entreissen.
Sareth wußte, was es ihn an Mühen kostete, soviel Zeit von Geschäften freizuhalten und für sie zu opfern, und aus diesem Grund strengte sie sich an, ihn ihre Bitterkeit und Trauer nicht allzu deutlich spüren zu lassen. Und manchmal vergaß sie während der langen Gespräche oder beim Schachspiel ihren Kummer tatsächlich.
Khaiells Nähe war ihr angenehm, und sie musste zugeben, daß sie auf seine Besuche wartete, sich auf sie freute, sich danach sehnte, seine Stimme zu hören....
Es klopfte. Sie wusste, daß es Khaiell war, noch bevor er etwas gesagt hatte, und überrascht fragte sie sich, ob die geistige Verbindung zwischen ihnen bereits tief genug war, um die Präsenz des anderen auf Distanz wahrzunehmen. Das hatte sie nicht einmal bei Turan vermocht.
"Bitte, komm herein!" Überrascht stellte sie fest, daß ihr Gemahl eine festliche Toga angelegt hatte.
"Ist etwas....geschehen?"
"Du siehst gut aus." erwiederte er statt einer Antwort und strich ihr mit einer Geste, die kaum ihre Haut berührte, über die Wange.
"Nein, du bist ein schlechter Lügner, Khaiell! Gibt es etwas neues von Rikal?"
Er schüttelte den Kopf. "Aber laß uns nicht darüber sprechen. Die Elemente werden ihn schützen! Wir haben einen Gast, Sareth...."
"Einen Gast? Wer --"
"...und ich möchte dich bitte, daß du mit mir in den Salon kommst, um ihn zu begrüßen."
"Oh.....nein. Ich....ich bin nicht in der Verfassung, einen Gast zu begrüssen! Bitte......ich.....möchte deinem Haus keine Unehre bereiten......"
"Wie du willst. Ich möchte dich nicht drängen. .... Ich werde dann später noch einmal bei dir vorbeischauen, wenn es dir recht ist."
"Ja! Ich werde bestimmt noch wach sein."
Einige Augenblicke später war Sareth wieder allein mit ihrer Trauer.
*** Etwas später ***
Sareth hatte sich wieder ans Fenster gesetzt. Als es jetzt an der Tür klopfte, sah sie verwundert auf. Es war doch kaum eine halbe Stunde vergangen.....Nein, so konnte sie sich nicht irren! Und Khaiell war schon zurück?!
Tatsächlich trat er ein -- und er war nicht allein. Auf dem Arm hielt er ein Kind. Ein nach rihannischen Maßstäben vielleicht fünfjähriges dunkelhäutiges Kind. Ein Trarl-Kind!
"Aber-----" Sareth war so rasch aufgesprungen, daß ihr schwindelte. "Khaiell......?!"
"Ich habe dir doch gesagt, wir haben einen Gast, Sareth." erwiederte er schmunzelnd. "Nun, und er wollte die Herrin des Hauses kennenlernen....." Er setzte das Kind, das große, neugierige Augen machte, vor ihr ab. "Sein Name ist Kari. Er ist das erste Gast-Kind, daß nach ch'Rihan gekommen ist, und ich dachte, unsere Familie sollte mit gutem Beispiel vorangehen."