Zum schwarzen Talar - Geschichte
Der Talar zusammen mit Beffchen und Barett getragen ist die liturgische Normaltracht der Ordinierten in unserer Landeskirche.
Der ,,Talar" als antike Männertracht wurde im Mittelalter zur Alltagskleidung des Klerus, vergleichbar mit dem Mönchsgewand. Es wurde zum gottesdienstlichen Gewand durch die Reformationsgeschichte. Da die Predigt nicht zur spätmittelalterlichen Messe gehörte, war das Predigtgewand das unliturgische Schwarz, für Luther zunächst die Mönchskutte, später die Professorenschaube. Auch durch die Vorgänge des Chorhemdenstreits und die Ablehnung der Weihe von Gewändern avancierte die dunkle Straßenkleidung zum Unterscheidungsmerkmal zur ,,katholischen", sprich: römische Kirche im Gottesdienst. Die endgültige (zumindest mehrheitliche) Durchsetzung von Schaube, Pelzmantel oder Talar/ Robe im lutherischen Bereich ist der Aufklärung zu verdanken, die im evangelischen Bereich kein Verständnis für liturgische Gewänder zeigte. Die Roben-Order des preußischen Königs für Pastoren, Rabbiner und Juristen Anfang des 19. Jahrhunderts war zeitgemäß auch insofern, als es zu dieser Zeit kaum noch Paramente im Gottesdienst gab. Diese wurden erst durch die lutherische liturgische Erneuerung im 19. Jahrhundert wieder schrittweise eingeführt. Das Schwarz beherrschte auch den Altar.
Symbolische Bedeutung des Talars
Der Talar hat diesbezüglich keine positive liturgische Bedeutung im Sinne. Er betont historisch sicher die Predigt, weil die im Mittelalter aus der Messe verbannte Predigt durch die Reformation in den deutschen Gottesdienst zurückgeholt wurde.
Die Bedeutung von Schwarz als Zeichen der Buße ist in der Aufklärung auf den Talar bezogen worden. Schwarz als Zeichen von Sterblichkeit, Einfachheit, Rückstellung der Person, ...verdankt sich der Mönchstradition: ,,härenes Gewand" (Basilisusregel).
Dass das Schwarz der Gelehrtenschaube in den Gottesdienst kam, ist historisch nicht zufällig, weil die Reformatoren die Gemeinde bewußt lehrten im Unterschied zu einem veräußerlichten Ritus des Spätmittelalters.
Schwarz als alltägliche Amtstracht oder Kennzeichen eines Klerus gibt es in vielen Kirchen, besonders in der Katholischen und den orthodoxen Kirchen.
Der Talar als Kennzeichen des evangelischen Pastors
Das Tragen des Talars mit Beffchen oder Collar ist an die Ordination oder zumindest an das Vikariat gebunden. Es hebt somit klar das Amt hervor. In Deutschland ist das Kennzeichen des evangelischen Pastors vor allem der schwarze Talar ohne Stola. In anderen Ländern verliert sich die immer mehr, soweit es nicht schon der Vergangenheit angehört.
Zur Albe und zur Stola - Geschichte
Die Albe (weißes Gewand) ist die Grundfarbe in einfachster Form der Alten Kirche, soweit sich liturgische Gewänder überhaupt feststellen lassen. Im Mittelalter war es vor allem das über das Schwarz gezogene weiße Chorhemd, das sich in vielen evangelischen Landeskirchen stellenweise bis ins 19. Jahrhundert und der Gegenwart erhalten hat. W.Löhe, neben Th.Kliefoth Hauptgestalt der lutherischen liturgischen Reform des 19. Jahrhunderts, hat sich in Albe und Stola beisetzen lassen.
In der jetzigen Form ist die Albe keine Imitation römisch-katholischer Gewänder, sondern Anknüpfung an die alte Kirche. Es handelte sich bei der liturgischen Erneuerung auch im 20. Jahrhundert in Deutschland, Skandinavien und Nordamerika nicht um eine Annäherung an Rom, sondern um das Bewußtsein der Katholizität der lutherischen Kirche, die sich als reformierte Alte Kirche weiß und sich nicht als Abspaltung oder Neugründung versteht. Die Stola ist die Urform der Paramente. Paramente sind erst spät an Altar, Kanzel und Lesepult gekommen.
In der katholischen und den orthodoxen Kirchen kennzeichnen die Stolen die Weihe des Amtsträgers und bezeichnen durch die Art und Weise des Tragens den Weihegrad vom Diakon bis zum Bischof. Die Stola bezeichnete das Amt aber nur in liturgischer Funktion, d.h. während des Gottesdienstes. Die ist auch mit dem Entstehen der Paramentik als sichtbarer Ausbildung des Kirchenjahres verknüpft. Eine ältere Wurzel der Stola mag der jüdische Gebetsschal sein.
Symbolische Bedeutung der Albe und der Stola
In der katholischen und den orthodoxen Kirchen werden die Bedeutungen von Gewändern durch sogenannte Deuteworte festgelegt. Diese Zuordnungen haben sich immer mit der Zeit geändert, das 2. Vaticanum hat die Veränderlichkeit gerade in diesem Bereich betont.
Die Deutungen (Bibelzitate) der Gewänder sind in der Vorbereitung zum Gottesdienst in der Orthodoxie zu finden, in der Liturgie der Weihe des Amtsträgers (Ordination) und der Gewänder (Segenshandlung) auch in der römisch-katholischen Kirche. Grundzitate beziehen sich auf das biblische Bild des Umkleidetwerdens mit dem Heil. Als solches ist die Albe selbst nie ein besonderes Kennzeichen eines Priesters oder einer besonderen Weihe gewesen. Sie bezieht sich auf das allgemeine Priestertum aller Gläubigen (vgl. 1. Petrusbrief 2, 1-10).
Albe und Stola als Amtstracht der Ordination
Man hat eher noch die Kasel als die Stola mit dem ,,Joch Christi" in Verbindung gebracht. Dies ist aber kein besonderes Amtsverständnis Einzelner. In der Ökumene wird die Stola, wie wir sie tragen, als Zeichen der Ordination verstanden. Das entspräche unserer Erlaubnis, den Talar im Gottesdienst zu tragen. Von gesteigerter hierarchischer Differenz wissen auch wir durch das Amtskreuz von PastorInnen mit bischöflichen Aufgaben.
Argumente für und wider den schwarzen Talar mit Beffchen und Barett - Pro
Für den schwarzen Talar spricht unsere Tradition, das ist ihr stärkstes Argument. Durch die Tradition ist das an und für sich bewußt unliturgische Gewand mit der Zeit doch zur liturgischen Amtstracht der Ordinierten geworden. Seine beste Bedeutung liegt im augenfälligen Hinweis auf die besondere Geschichte der Reformation.
Kontra
Gerade diese Geschichte kann sich auch zum Gegenargument wandeln. Barett, Beffchen und Talar haben keine liturgische Symbolik aufzuweisen, und es läßt sich auch nur schwer eine solche sinnvoll an sie knüpfen. Luther selbst hat sich dagegen verwahrt, die Gewandfrage mit der Bekenntnisfrage zu verknüpfen. Er trug zur Meßhandlung mittelalterliche Meßgewänder und hat sich nicht der Forderung gebeugt, sie abzulegen.
Argumente für und wider Albe und Stola - Pro
Albe und Stola sind als ein Anknüpfen an die liturgische Praxis der Alten Kirche zu verstehen. Durch sie wird das Gewand des Liturgen in das symbolische Geschehen des Gottesdienstes einbezogen. Sie machen ein liturgisches Grundverständnis deutlich. Sie betonen darin gerade keinen besonderen Unterschied zwischen Gemeinde und Amtsträger. Das besondere Amt der Predigt und Sakramentsverwaltung ist eine liturgische Funktion. (CA 5 hebt nicht die Person des Amtsträgers, sondern allein seine Funktion hervor, die eben eine liturgische ist und nicht die eines besonderen Standes.)
Die Stola als das Tragen des Paramentes macht den Charakter des Kirchenjahres deutlich: Das Kirchenjahr ist weniger an Dingen anheftbar, als vielmehr am Menschen, der die Liturgie vollzieht.
Das Kirchenjahresparament und die weiße Decke des Altars waren ein erster Schritt der Wiedereinführung des Kirchenjahres und ersetzte im 19. Jahrhundert das allgegenwärtige Schwarz auch am Altar. M.a.W.: Was wir jetzt mit Albe und Stola erleben, liegt noch in der Linie der Wiederaufnahme von Paramenten im lutherischen Gottesdienst nach der Aufklärung.
Kontra:
Eine Veränderung der gemeinsamen Tradition in der Gewandfrage in manchen Gemeinden verhindert einheitliches Auftreten aller in der Öffentlichkeit. Entsprechendes bringt das neue Gottesdienstbuch mit sich, wenn es denn nur mancherorts gebraucht wird. Gemeindeglieder sind verunsichert und wissen dies nicht zu deuten. Albe und Stola erinnern viele vor allem an die Katholische Kirche, ähnlich wie eben auch z.B. manche der neuen Sätze des neuen Gottesdienstbuches (z.B. Limaliturgie).
Schlußfolgerungen
Die aufgeführten Argumente sind nicht vollständig. Nicht aufgenommen sind vor allem Mißverständnisse, wie die Behauptung, die Stola symbolisiere römisches Meßopferverständnis, sei Anbiederung an den Papst, die Albe wolle den Geistlichen persönlich hervorheben oder das Ganze sei einfach eine Modefrage. Dies alles entbehrt der Wahrheit. Nicht aufgenommen wurde die ambivalente Diskussion zum Argument der Freude und Fröhlichkeit, die durch Weiß hervorgehoben werden würde.
Bedacht werden sollte, dass schon vor zehn Jahren im Bereich der EKD weit über tausend Gemeinden Albe, Chorhemd, bzw. Stola eingeführt hatten. Seitdem hat sich ihr Gebrauch ständig vervielfacht, oft auch ohne kirchenleitende Genehmigungen. In Nordelbien und Niedersachsen liegt diese Frage im Bereich des liturgischen Rechtes der jeweiligen Kirchgemeinde.
Schlußfolgerung dieser Betrachtung ist, dass es erlaubt sein sollte und sinnvoll sein kann, wenn neben dem schwarzen Talar auch Albe und Stola als liturgisches Gewand in unserer lutherischen Kirche im Zuge der liturgischen Erneuerung und Bewußtwerdung akzeptiert wird.
Die Einwände gegen Albe und Stola betreffen eher pädagogische Fragen und verlangen sinnvolle Entscheidungen im Bezug auf die Ordnung der Einführung und dem Umgang mit solchen Gewändern. Entscheidende Instanz sollte die Gemeinde selbst sein, bei der auch laut unserer Gemeindeordnung ein erbliches liturgisches Recht liegt, in Absprache mit der Propstei.
Die Propstei Schwerins hat Regeln erstellt für die Situation des Zusammenwirkens von Gemeinden mit unterschiedlichen liturgischen Gewändern.
Abgeraten werden sollte von einem Wildwuchs der Gewänder. Die einfachste Form von Albe und Stolen in den liturgischen Farben kann den liturgischen Wünschen gerecht werden und Einheitlichkeit wahren.